|
Auf dem Weg zum Leser
Der hauptsächlich genutzte Vertriebsweg, um die Buchproduktion eines Verlags in die Leihbücherei zu bekommen, war der Einsatz von Vertretern, die gelegentlich sogar mit einem Lieferwagen durch die Gegend fuhren und die gewünschten Bücher direkt als Türgeschäft und gegen Bargeld verkauften. Üblicherweise reisten die Vertreter jedoch - so wie auch heute noch im Sortimentsbuchhandel - mit Kladden, in denen sich die Umschlagbilder der Neuerscheinungen befanden. Es muss beim Vertrieb, speziell bei den Türgeschäften zu mancherlei Mauscheleien und betrügerischen Machenschaften gekommen sein. Angeblich sollen unzuverlässige Vertreter die Ware auf eigene Rechnung verkauft oder die Abrechnungen gegenüber den Verlagen manipuliert haben. Das führte dazu, dass einige Verlage dazu übergingen, ihre Produktionen nur noch im Direktversand gegen Nachnahme an die Büchereien auszuliefern.
Das Wissen der Vertreter über ihren Markt war eine Art Kapital, das nicht selten dazu führte, dass aus dem Vertreter ein Leihbuchverleger wurde. Etwa August Bach (Asta- und Astoria-Verlag, Düsseldorf) und Hermann Borgsmüller (Merceda, Hansa, Münster) waren anfangs Leihbuch-Vertreter und gründeten Verlage, die rasch zu den Großen der Leihbuchbranche aufstiegen, nachdem sie als Vertreter für andere Verlage genügend einschlägige Erfahrungen sammeln konnten. Im Vergleich zu Verlagshäusern heute waren aber selbst die seinerzeit großen Leihbuchverlage bescheidene, bestenfalls mittelständische Unternehmen. Sie lagerten - das allerdings ist heute wieder modern - viele der notwendigen Verlagsarbeiten, z. B. das Lektorat, an freie Mitarbeiter aus. Oder verzichteten ganz auf ein Lektorat - auch das ist heute bei manchen Verlagen wieder üblich, was man einer Reihe von Produktionen, damals wie heute, deutlich anmerkt. Die überwiegende Zahl der Leihbuchverlage waren kleine Unternehmen, die oft nur aus dem Verleger und seiner Sekretärin bestanden.
Gelegentlich gründeten auch erfolgreiche Autoren ihren eigenen Verlag, etwa Paul H. Schubert, Nürnberg oder Hermann Hilgendorff (d.i. Hans-Curt Mueller) oder Konrad Kölbl, besser bekannt unter seinem Pseudonym Conny Cöll, der seinen Verlag bis zu seinem Tod 1994 führte. Wie bei den Autoren mit ihren Pseudonymen sind die Vielfalt der Verlagsnamen und ihre Zuordnung ein kompliziertes Unterfangen, das viele Fragen offen lässt. Für Science-Fiction-Interessenten ist in diesem Zusammenhang besonders der Gebrüder-Zimmermann-Verlag aus Balve in Westfalen von Bedeutung, der mit Balowa, Engelbert, Hönne und Widukind eine größere Verlagsgruppe betrieb. Aber auch andere Verlage betrieben eine regelrechte Konzern-Politik im Kleinen, indem sie insolvente Unternehmen aufkauften. So gehörten zum Feldmann-Verlag aus Marl schließlich auch die Verlage Dankwart, Hallberg, Saba, Sabena und Miram.
|