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Für ein paar Groschen ...
Science-Fiction in gewerblichen Leihbüchereien
von Achim Schnurrer

© Achim Schnurrer und Pabel-Moewig Verlag KG., Rastatt
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1. Für ein paar Groschen ...
2. Wenn das Sammeln zum Abenteuer wird
3. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
4. Heiß begehrt und angefeindet
5. Mein Frieden - die verbotenen Bücher I
6. Eron - die verbotenen Bücher II
7. Versteckspiel - die verbotenen Bücher III
8. Wer kennt die Namen?
9. Auf dem Weg zum Leser
10.Von Brian Aldiss bis Marion Zimmer-Bradley und ...
11.... von Kurt Brand bis Alph Zeno
12.Die Unbesiegbaren
13.Der Friedensdiktator greift ein
14.Irrgarten Kosmos / Duell der Mutanten / Auf verbotenem Kurs
15.Heftroman und Leihbuch
16.Von Sun Koh zu PERRY RHODAN
17.Science-Fiction, als es keine Zukunft gab
18.Vorhang / Dank
Eron - die verbotenen Bücher II

Der Name Wolf Rohr begegnet uns auch bei einem weiterem Fall von Zensur eines Science-Fiction-Leihbuchs und -Heftromans. Mit stattlichen 125,-- Euro gehört der Roman "Eron" von Robert O. Steiner ebenfalls in die Rubrik sehr gesuchter und deshalb ausgesprochen teurer Sammlerstücke. Der Band erschien 1953 im Berliner Commedia Verlag. Ein Jahr zuvor, 1952 veröffentlichte Steiner dort seinen ersten utopisch fantastischen Roman: "Es geschah am dritten Tag". 1958 kam der Titel "Die Herren der anderen Erde" im Brunnen-Verlag, Wiesbaden heraus. Robert O. Steiner ist ein Pseudonym, hinter dem sich der Journalist und Gerichtsreporter Hans Robert Queiser verbirgt, der 1921 in Idar-Oberstein geboren wurde.

"Eron" fiel erst in seinem gekürzten Nachdruck als Heft Nr. 9 der Reihe LUNA UTOPIA (Lehning, Hannover) der Zensur zum Opfer. Das Jahre zuvor veröffentlichte Leihbuch war den Sittenwächtern vorerst entgangen. Am 26. April 1957 veröffentlichte der Bundesanzeiger die entsprechende Indizierung, bei der laut BPS eine besondere Eilbedürftigkeit bestand. Antragsteller war seinerzeit das Bundesministerium des Inneren in Bonn. Lehning hatte mit seinen Comic-Serien wie "Akim" und "Sigurd" schon häufiger Probleme mit besonders eifrigen Jugendschützern. Der Verlag legte gegen die Eilentscheidung der BPS Einspruch ein. Zusätzlich schaltete sich die literarische Agentur Wolf Detlev Rohr in den Fall ein, durch deren Vermittlung der Roman bei Lehning erscheinen konnte.

Rohr stellte den Antrag, die Verhandlung zu verschieben, um dem Autor die Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen gegen sein Werk zu äußern. Doch dieses simpelste Gebot der Rechtsstaatlichkeit wurde aus, wie es hieß, formalen Gründen abgelehnt. In ihrer Sitzung vom 10. Mai 1957 bestätigte die BPS, dass der Roman dazu geeignet sei, "schwerstens sittlich jugendgefährdend" zu sein. Was war an "Eron" derart anstößig, dass man sich gezwungen sah, die deutsche Jugend vor der sittlich moralischen Gefährdung dieses Buchs im Schnellverfahren schützen zu müssen?

Der Roman handelt von dem Impfstoff Eron. Dieser Impfstoff veranlasst den Menschen dazu, seine Aggressions- und Gewalttriebe, die Basis seines Willens zur Macht, umzupolen. Die ungezügelte Aggressivität mündet nach der Verabreichung von Eron in eine gesteigerte Sexualität. Lustrausch statt Machtrausch. Statt ungehemmt Gewalt auszuüben, wird sich vermehrt sinnlichen Freuden hingegeben. Liebe statt Krieg - und das 15 Jahre vor Flower-Power, Hippies und 68er Revolte.

Wie bei den Anträgen und Begründungen der BPS üblich, wird mit zahllosen Beschreibungen von "bösen Stellen" aus dem Roman versucht, die Jugendgefährdung zu begründen: "Die vorkommenden weiblichen Personen werden unter Betonung ihrer körperlichen Reize sexuell attraktiv dargestellt. Die Hauptfigur, die reiche Carven, tritt mit ihren Freundinnen wiederholt völlig nackt auf, sie hat einen sinnlichen Mund und feste Brüste. Sie genießt ihre nackte Schönheit in einem raffinierten, schwarz gekachelten Badezimmer, in dem alle Wände aus Spiegelglas bestehen, so dass sie ihre allseitigen Spiegelbilder betrachten kann." Die BPS kommt zu dem Schluss: "Diese Inhaltsangaben dürften genügen, um darzutun, dass dieses einer abartigen Fantasie entstammende Machwerk schwerstens sittlich jugendgefährdend ist." (Weigand, a.a.O. S. 125) Ein Jahr später, am 11. April 1958, wurde dann auch die ungekürzte Leihbuchausgabe indiziert.

 
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